Zwar legt das Judentum sehr großen Wert auf das Leben, doch auch die jüdische Trauerkultur ist von tief verwurzelten Traditionen geprägt.
Die Bräuche, die im Judentum in Verbindung mit Trauer stehen, erweisen nicht nur den Verstorbenen die letzte Würde, sondern bieten auch den Hinterbliebenen Trost und Unterstützung.
In diesem Blogartikel werfen wir einen Blick auf die zentralen Aspekte des jüdischen Trauerprozesses, von den Ritualen über die Trauerphasen bis hin zu den symbolischen Handlungen auf jüdischen Friedhöfen.
Jüdische Trauerkultur: Wie trauern Juden?
Nach dem Tod eines Menschen übernehmen Mitglieder der Chewra Kaddischa, einer ehrenamtlichen Gruppe der Glaubensgemeinschaft, die rituelle Reinigung und Vorbereitung des Verstorbenen für die Bestattung. Diese Rituale sind nicht nur eine Geste des Respekts, sondern symbolisieren auch die Reinheit der Seele.
Der Tote wird in ein einfaches, weißes Leinengewand gekleidet, um die Gleichheit aller Menschen im Tod zu verdeutlichen. Eine jüdische Bestattung erfolgt in der Regel innerhalb von 24 Stunden, außer an Schabbat oder Feiertagen, wo keine Beerdigungen stattfinden.
Jüdische Trauerkultur: Trauerperioden
Der Trauerprozess im Judentum ist in drei Phasen unterteilt, die den Trauernden Raum geben, den Verlust zu verarbeiten.
- Schiwa (sieben Tage): Die Schiwa beginnt unmittelbar nach der Beerdigung und ist die intensivste Trauerphase. Die engsten Angehörigen – Eltern, Ehepartner, Kinder und Geschwister – bleiben zu Hause und sitzen auf niedrigen Stühlen, um den Schmerz des Verlustes physisch und emotional auszudrücken.
Während dieser Zeit ist es üblich, dass die Trauernden jegliche Form von Vergnügen meiden, Männer sich nicht rasieren und Frauen auf Make-up verzichten. Freunde und Bekannte bringen Essen und kümmern sich um alltägliche Aufgaben, damit die Trauernden sich voll und ganz auf ihre Trauer konzentrieren können. Diese Phase bietet den Trauernden eine intensive Zeit des Innehaltens und der Reflexion über das Leben des Verstorbenen.
- Schloschim (dreißig Tage): Nach den ersten sieben Tagen folgt die zweite Trauerperiode, die Schloschim, welche bis zum 30. Tag nach der Beerdigung dauert. In dieser Zeit gelten weiterhin bestimmte Einschränkungen, wie das Verbot, sich die Haare zu schneiden oder zu rasieren. Während dieser Zeit beginnt die Rückkehr in den Alltag, allerdings noch unter Berücksichtigung der Trauer.
- Trauer um Eltern (zwölf Monate): Die Trauerzeit für Eltern ist im Judentum besonders lang und dauert insgesamt zwölf Monate. Während dieser Zeit nehmen die Kinder nicht an festlichen Ereignissen teil. Diese Phase bietet Raum für eine langsame und tiefe Auseinandersetzung mit dem Verlust und endet mit dem Jahrestag des Todes, der sogenannten Jahrzeit.
Schiwa: Eine Zeit des intensiven Beistands durch Gemeinschaft
Die Schiwa ist nicht nur eine Zeit der Trauer, sondern auch des Trostes durch die Gemeinschaft. Freunde, Verwandte und Bekannte besuchen die Trauernden zu Hause, um ihre Anteilnahme zu zeigen und praktische Unterstützung zu leisten. Dies kann das Bringen von Mahlzeiten oder die Übernahme von alltäglichen Aufgaben sein. Das Hauptziel ist es, die Trauernden zu trösten und ihnen das Gefühl zu geben, nicht allein zu sein.
Während der Schiwa werden Gebete gesprochen, darunter das Kaddisch, ein Gebet, das die Heiligkeit Gottes preist. Auch in Zeiten der Trauer bleibt der religiöse Rahmen bestehen: Der Schabbat und biblische Feiertage werden während der Schiwa respektiert, und die Schiwa-Traditionen ruhen an diesen Tagen, um die Heiligkeit des Schabbat zu bewahren.
Welche Bedeutung hat das Legen von Steinen auf jüdischen Gräbern?
Eine besondere Tradition im Judentum ist das Ablegen von Steinen auf Gräbern. Diese symbolische Handlung hat eine tiefe Bedeutung und dient sowohl der Erinnerung als auch dem Respekt gegenüber dem Verstorbenen.
Steine sind ein Zeichen der Unvergänglichkeit und der ewigen Verbindung zwischen den Lebenden und den Toten. Während Blumen verwelken, bleiben Steine beständig und stehen für die unsterbliche Seele. Historisch gesehen könnten Steine auch dazu gedient haben, Gräber zu kennzeichnen und vor äußeren Einflüssen zu schützen.
Obwohl es keine explizite religiöse Vorschrift gibt, die das Legen von Steinen verlangt, hat sich dieser Brauch tief in der jüdischen Tradition verankert und findet heute auch außerhalb des Judentums Verbreitung.
Welche Arten von Symbolen finden sich auf jüdischen Grabsteinen und welche Bedeutung haben sie?
Jüdische Grabsteine sind oft mit Symbolen versehen, die das Leben und den Glauben des Verstorbenen reflektieren. Religiöse Symbole wie die segnenden Hände weisen auf die Priesterfamilie der Kohanim hin, während ein Krug oder Becher auf Leviten hindeutet. Ein Schofarhorn symbolisiert Lehrer und Vorbeter, während ein Chanukka-Leuchter oft auf den Grabsteinen von Frauen zu finden ist, um ihre Rolle im Haushalt zu ehren. Weltliche Symbole, wie Bücher oder Palmzweige, drücken oft die Gelehrsamkeit oder ein gerechtes Leben aus. Auch Motive wie ineinandergreifende Hände und Taubenpaare symbolisieren die Liebe zwischen Ehepartnern, die über den Tod hinaus bestehen bleibt. Diese Symbole spiegeln nicht nur die Individualität des Verstorbenen wider, sondern bieten den Hinterbliebenen auch Trost und Verbundenheit.
Unser Lesetipp: Symbole auf Grabsteinen und Ihre Bedeutung – der große Ratgeber